Himmel und Hölle oder Die göttliche Gerechtigkeit

Allan Kardec

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4. Um sich von der Angst vor dem Tod zu befreien, muss man sie aus dem richtigen Blickwinkel betrachten können, d.h. man muss gedanklich in die geistige Welt eingedrungen sein und sich von ihr eine so genaue Vorstellung wie möglich gebildet haben, was bei dem inkarnierten Geist eine gewisse Entwicklung und eine bestimmte Fähigkeit offenbart, sich vom Materiellen zu lösen. Unter denen, die noch nicht weit genug fortgeschritten sind, hat das physische Leben noch Vorrang vor dem spirituellen.

Der im Materiellen behaftete Mensch sieht das Leben nur im Körper, während das wirkliche Leben in der Seele liegt. Ist der Körper des Lebens beraubt, so ist in seinen Augen alles verloren und er gibt jede Hoffnung auf. Wenn er seine Gedanken nicht auf das äußere Gewand konzentrierte, sondern auf die eigentliche Quelle des Lebens, auf die Seele, die das alles überlebende wirkliche Wesen ist, würde er dem Verlust des Körpers, einer Quelle von so viel Elend und Schmerz, weniger nachtrauern; aber dazu braucht der Mensch eine Kraft, die der Geist erst mit der Reife entwickelt.

Die Furcht vor dem Tod ist also verbunden mit unzureichenden Vorstellungen über das zukünftige Leben. Sie deutet auf das Bedürfnis zu leben hin, 35 und die Angst, dass die Zerstörung des Körpers das Ende von allem sein könnte, wird also getragen von dem geheimen Wunsch, dass die Seele ihn überleben möge, wenn auch teilweise verborgen unter dem Schleier der Ungewissheit.

Diese Furcht nimmt in dem Maße ab, wie sich Gewissheit bildet und verschwindet ganz, wenn diese vollständig ist.

Hier zeigt sich die Weisheit der Vorsehung. Es war weise, den Menschen nicht zu blenden, dessen Vernunft noch nicht stark genug war. Die Verführungen einer zu früh mitgeteilten Gewissheit hätten ihn dazu gebracht, sein gegenwärtiges Leben zu vernachlässigen, das so notwendig für seinen körperlichen und moralischen Fortschritt ist.