1. Zu allen Zeiten hat der Mensch intuitiv geglaubt, dass das zukünftige Leben glücklich oder unglücklich sein müsse, je nachdem, ob man auf Erden Gutes oder Böses tut. Nur steht die Vorstellung, die er sich davon macht, im Verhältnis zur Entwicklung seines moralischen Sinnes und den mehr oder weniger richtigen Vorstellungen, die er vom Guten und Bösen hat. Strafen und Belohnungen sind das Spiegelbild seiner vorherrschenden Neigungen. So setzen kriegerische Völker ihr höchstes Glück in die durch Tapferkeit erworbenen Ehren; die Jägervölker in den Überfluss von Wild und sinnliche Völker in das Vergnügen an Sinnesfreuden. Solange der Mensch von der Materie beherrscht wird, kann er die Spiritualität nur unvollkommen begreifen. Darum macht er sich von den zukünftigen Strafen und Freuden ein eher materielles als geistiges Bild. Er stellt sich vor, man müsse in der anderen Welt essen und trinken, jedoch besser als auf Erden und bessere Sachen. (Ein kleiner Junge aus Savoyen, dessen Pfarrer ein verführerisches Bild vom zukünftigen Leben entwarf, fragte ihn, ob dort jeder Weißbrot esse wie in Paris.) Später findet man in den die Zukunft betreffenden Glaubensansichten eine Mischung aus Spiritualität und Materialität. So stellt der Mensch neben die beschauliche Glückseligkeit eine Hölle mit körperlichen Qualen.
2. Da er nur das begreifen konnte, was er sah, hat sich der Urmensch seine Zukunft entsprechend der Gegenwart vorgestellt. Um andere Urbilder zu begreifen als diejenigen, die er vor Augen hatte, bedurfte er einer geistigen Entwicklung, die sich nur mit der Zeit entfalten sollte. Auch ist das Bild, das er sich von den Strafen des zukünftigen Lebens machte, nur das Spiegelbild der Leiden der Menschheit, jedoch in einem größeren Ausmaß. Er hat dort alle Leiden, Qualen und Kümmernisse vereint, denen er auf Erden begegnete. So geschah es, dass er sich in den heißen Landschaften eine Feuerhölle und in den nördlichen Gegenden eine Eishölle vorgestellt hat. Weil der Verstand, der ihn später die geistige Welt begreifen lassen sollte, noch nicht entwickelt war, konnte er nur körperliche Strafen begreifen. Daher gleichen sich auch, von einigen formalen Unterschieden abgesehen, die Vorstellungen über die Hölle in allen Religionen.