1. Alle Religionen haben unter verschiedenen Namen Engel gehabt, das heißt Wesen, die über der Menschheit stehen, Vermittler zwischen Gott und den Menschen. Der Materialismus, der jede geistige Existenz außerhalb des organischen Lebens leugnet, hat Engel naturgemäß unter Fiktionen und Allegorien eingeordnet. Der Glaube an Engel ist ein wesentlicher Bestandteil der Dogmen der Kirche. Hier sind ihre Definitionen.
Bemerkung: Wir entnehmen diese Zusammenfassung dem Hirtenbrief von Hochwürden Thomas Gousset, Kardinal-Erzbischof von Reims, zur Fastenzeit 1864. Man kann diesen als den jüngsten Ausdruck des Kirchenglaubens über diesen Punkt ansehen, genauso wie den über die "Dämonen", der aus derselben Quelle stammt und im folgenden Kapitel angeführt ist.
2. „Wir glauben fest daran, sagt ein allgemeines und ökumenisches LateranKonzil, dass es nur einen wahren Gott gibt, ewig und unendlich, der am Anfang der Zeit das eine und das andere Geschöpf aus dem Nichts erschaffen hat, das Geistige und das Körperliche, das Engelhafte und das Weltliche, und danach als mittlere zwischen beiden, die menschliche Art, bestehend aus Körper und Geist.
So ist nach dem Kirchenglauben der göttliche Plan im Werk der Schöpfung beschaffen, ein majestätischer und vollständiger Plan, wie er der ewigen Weisheit entspricht. So konzipiert, bietet er unseren Gedanken das Sein auf allen Stufen und in allen Bedingungen und Lagen. In der höchsten Sphäre erscheinen Dasein und Leben rein geistig, in der letzten Reihe Dasein und Leben rein materiell und in der Mitte als Trennung dieser eine merkwürdige Vereinigung der beiden Arten, ein Leben, das gleichzeitig dem intelligenten Geist und dem organischen Körper gemeinsam ist.
Unsere Seele ist von einfacher und unteilbarer Natur, aber sie ist in ihren Fähigkeiten begrenzt. Die Vorstellung, die wir von der Vollkommenheit haben, lässt uns verstehen, dass es andere Wesen geben kann, einfach wie sie und die in ihren Eigenschaften und Privilegien überlegen sind. Sie ist groß und edel, aber mit der Materie verbunden, die von zerbrechlichen Organen bedient wird und begrenzt in ihrem Handeln und ihrer Kraft. Warum sollte es nicht noch edlere Wesen geben, die frei sind von dieser Unterdrückung und diesen Fesseln und ausgestattet mit größerer Kraft und unvergleichlicher Aktivität? Bevor Gott den Menschen auf die Erde gesetzt hatte, damit derselbe ihn erkenne, liebe und ihm diene, hatte er da nicht bereits andere Geschöpfe gerufen, um seinen himmlischen Hof zu bilden und ihn in der Wohnstätte seiner Herrlichkeit anzubeten? Schließlich empfängt Gott von den Händen des Menschen den Tribut der Ehre und die Huldigung dieses Universums. Ist es erstaunlich, dass er aus den Händen des Engels den Weihrauch und das Gebet der Menschen empfängt? Wenn es also die Engel nicht gäbe, hätte das große Werk des Schöpfers nicht die Krönung und Vollkommenheit, deren es fähig war. Diese Welt, die seine Allmacht bezeugt, wäre nicht mehr das Meisterwerk seiner Weisheit. Selbst unsere Vernunft, obwohl schwach und fehlbar, könnte es leicht vollständiger und vollendeter entwerfen.
Auf jeder Seite der heiligen Bücher des Alten und Neuen Testaments werden diese erhabenen Geistwesen in frommen Anrufungen oder in historischen Zeilen erwähnt. Ihr Eingreifen zeigt sich deutlich im Leben der Stammväter und Propheten. Gott bedient sich ihres Dienstes, manchmal um seine Wünsche auszudrücken, manchmal um zukünftige Ereignisse anzukündigen. Er macht sie fast immer zu Werkzeugen seiner Gerechtigkeit oder seiner Barmherzigkeit. Ihre Gegenwart ist mit den verschiedenen Umständen der Geburt, des Lebens und Leidens des Erlösers verflochten. Ihr Andenken ist untrennbar verbunden mit dem großer Männer und den wichtigsten Ereignissen der religiösen Antike. Es findet sich sogar im Schoße des Polytheismus und unter den Märchen der Mythologie, denn der betreffende Glaube ist so alt und so universell wie die Welt. Und die Anbetung, die die Heiden den guten und den bösen Geistern erwiesen, war nur eine falsche Anwendung der Wahrheit, ein entarteter Überrest des ursprünglichen Dogmas.
Die Worte des heiligen Lateran-Konzils enthalten eine grundlegende Unterscheidung zwischen Engeln und Menschen. Sie lehren uns, dass erstere reine Geister sind, während letztere aus einem Körper und einer Seele bestehen. Das heißt, dass die engelhafte Natur sich durch sich selbst aufrecht hält, nicht nur ohne Vermischung, sondern auch ohne wirklich mögliche Verbindung mit der Materie, wie leicht und fein man sie sich auch vorstellen mag. Während unsere in gleicher Weise geistige Seele derart mit dem Körper verbunden ist, dass sie nur ein einziges und selbes Wesen bildet, und dass dies im Wesentlichen ihre Bestimmung ist.
Solange diese so innige Vereinigung der Seele mit dem Körper dauert, haben diese beiden Grundwesenheiten ein gemeinsames Leben und üben einen wechselseitigen Einfluss aufeinander aus. Die Seele kann sich von dem daraus resultierenden unvollkommenen Zustand nicht ganz befreien. Ihre Vorstellungen kommen ihr durch die Sinne, durch den Vergleich äußerer Gegenstände und immer unter mehr oder weniger offensichtlichen Bildern. Daher kann sie sich selbst nicht betrachten und sich Gott und die Engel nicht vorstellen, ohne ihnen irgendeine sichtbare und greifbare Form zu geben. Deshalb mussten die Engel, um sich vor den Heiligen und Propheten sichtbar zu machen, körperliche Gestalten zu Hilfe nehmen. Aber diese Figuren waren nur Luftkörper, die sie bewegten, ohne dass sie sich mit ihnen ganz vereint hätten. Oder sie waren symbolische Beigaben in Bezug auf die Mission, mit der sie beauftragt waren.
Ihr Wesen und ihre Bewegungen sind nicht an einen Ort gebunden und auf einen festen und begrenzten Punkt des Raumes festgelegt. Da sie an keinen Körper gebunden sind, können sie nicht wie wir Menschen von anderen Körpern festgehalten und eingeschränkt werden. Sie nehmen keinen Raum ein und füllen keine Leere. Aber so wie unsere Seele vollständig in unserem Körper und in jedem seiner Teile ist, so sind sie vollständig und fast gleichzeitig an allen Punkten und in allen Teilen der Welt. Schneller als der Gedanke können sie überall sein und dort durch sich selbst wirken, ohne andere Hindernisse für ihre Pläne, außer dem Willen Gottes und dem Widerstand der menschlichen Freiheit.
Während wir darauf beschränkt sind, die Dinge, die außerhalb von uns sind, nur nach und nach und bis zu einem gewissen Grad zu sehen, und während uns die Wahrheiten der übernatürlichen Ordnung gemäß der Aussage des Apostels Paulus wie ein Rätsel und in einem Spiegel erscheinen, sehen sie mühelos, was ihnen wichtig ist zu wissen und stehen in unmittelbarem Bezug mit dem Gegenstand ihres Denkens. Ihr Wissen ist nicht das Ergebnis von Folgerung und Urteilen, sondern von jener klaren und tiefen inneren Intuition, die gleichzeitig die Gattung und die sich daraus ableitenden Arten umfasst, die Prinzipien und die Folgerungen, die sich daraus ergeben.
Der Abstand der Zeiten, der Unterschied der Orte und die Vielfalt der Gegenstände können in ihrem Geist keine Verwirrung hervorrufen.
Die göttliche Essenz, die unendlich ist, ist unbegreiflich. Sie hat Geheimnisse und Tiefen, in die sie nicht eindringen können. Die besonderen Pläne der Vorsehung sind ihnen verborgen, aber sie enthüllt ihnen das Geheimnis, wenn sie unter bestimmten Umständen von ihr beauftragt werden, sie den Menschen zu verkünden.
Die Mitteilungen von Gott zu den Engeln und von den Engeln untereinander erfolgen nicht wie bei uns durch artikulierte Laute und andere wahrnehmbare Zeichen. Reine Geistwesen brauchen weder Augen zum Sehen noch Ohren zum Hören. Sie haben auch nicht das Organ der Stimme, um ihre Gedanken zu äußern. Diese gewohnheitsmäßige Vermittlung unserer Gespräche ist für sie nicht notwendig. Aber sie teilen ihre Gefühle auf eine Weise mit, die ihnen eigen und völlig geistig ist. Um verstanden zu werden, müssen sie es nur wollen.
Gott allein kennt die Zahl der Engel. Diese Zahl kann zweifellos nicht unendlich sein und ist es auch nicht. Aber laut den ehrwürdigen Schriftstellern und heiligen Lehrern ist sie sehr beträchtlich und wirklich unermesslich. Wenn es naheliegend ist, die Zahl der Einwohner einer Stadt in ein Verhältnis zu ihrer Größe und Ausdehnung zu bringen, und wenn die Erde im Vergleich zum Firmament und den riesigen Regionen des Weltraums nur ein Atom ist, muss daraus geschlossen werden, dass die Zahl der Bewohner des Himmels und der Luft viel größer ist als die der Menschen.
Da nun die Hoheit der Könige ihren Glanz aus der Zahl ihrer Untertanen, Beamten und Diener erhält, was gäbe es da Besseres, um uns eine Vorstellung von der Größe und Hoheit des Königs der Könige zu gewähren, als diese unzählige Menge von Engeln, die den Himmel, die Erde, das Meer und die Abgründe bevölkern und als die Würde derer, die sich unaufhörlich vor seinem Thron niederwerfen oder aufrecht stehen?
Die Kirchenväter und Theologen lehren im Allgemeinen, dass die Engel in drei große Hierarchien oder Fürstentümer eingeteilt sind und jede Hierarchie in drei Gruppen oder Chöre.
Die der ersten und höchsten Hierarchiestufe werden entsprechend den Funktionen ernannt, die sie im Himmel ausüben. Die einen werden Seraphim genannt, weil sie vor Gott mit dem Feuer der Nächstenliebe entzündet werden. Die anderen heißen Cherubim, weil sie eine leuchtende Reflektion seiner Weisheit sind. Wieder andere nennt man Throne, weil sie Gottes Größe verkünden und Sein Licht zurückstrahlen lassen.
Die Engel der zweiten Hierarchiestufe erhalten ihre Namen von den Aufgaben, die ihnen in der allgemeinen Regierung des Universums zugewiesen sind. Diese sind: Herrschaften, die den Engeln der niederen Ordnungen ihre Aufgaben und Funktionen zuweisen; Kräfte, die die Wunder vollbringen, die von den großen Interessen der Kirche und der Menschheit verlangt werden; Mächte, die durch ihre Macht und Wachsamkeit die Gesetze schützen, die die physische und moralische Welt regieren.
Die der dritten Hierarchiestufe haben als ihren Bereich die Leitung der Gesellschaften und Menschen. Die Fürstentümer sind den Königreichen, Provinzen und Bistümern vorgesetzt; die Erzengel, die die Botschaften von hoher Wichtigkeit übermitteln; die Schutzengel, die jeden von uns begleiten, um über unsere Sicherheit und Heiligung zu wachen.”